Der Nixen muntre Schaaren,
Sie schwimmen stracks herbei,
Nun einmal zu erfahren,
Was in den Mauern sei.Uhland
Alt-Friedland, vormals Kloster-Friedland, bildet die zweite Hälfte des Besitzes, den Markgraf Karl von Schwedt in diesen Gegenden, d.h. am Rande des Oderbruchs innehatte.
Friedland war in alten Zeiten ein Nonnenkloster des Zisterzienserordens.
[…] Die Lage Kloster Friedlands, – auf einem schmalen Landstreifen zwischen zwei Seen, dem Kloster- und dem Kiezersee – muß von nicht gewöhnlicher Schönheit gewesen sein,

als die umgebende Bruchlandschaft noch ihren alten Charakter hatte und die hohen Giebel des Klosters abwechselnd in den einen oder andern See ihren Schatten warfen.Aber ein solches Bild bietet sich dem Auge nicht länger dar, und die Ruinen anderer märkischer Klöster machen einen tieferen und poetischeren Eindruck, teils weil die Trümmer selber pittoresker, teils weil ihre Umgebungen, bei sonst mannigfach Verwandtem, ansprechender sind.
Das Kloster grenzt heute direkt an eine 1961 errichtete Badestelle am Klostersee.
Die Klosterruine selbst ist mittlerweile mit einem Schutzdach versehen.

Die Lage z.B. des zur Schwedenzeit durch Feuer zerstörten Jungfrauenklosters zu Lindow, in der Grafschaft Ruppin, ist der Lage Kloster Friedlands nahe verwandt, aber die efeuumrankten Mauern, die storchnestgeschmückten Giebel, vielleicht auch die Hügellage zwischen den Seen, leihen jenem einen romantischen Reiz, den dieses entbehrt. Kloster Lindow ist schöner gelegen, vielleicht auch malerischer in sich selbst, aber Kloster Friedland ist besser erhalten, und die Umfassungsmauer, das Haus des Propstes, ein Stück Kreuzgang,

vor allem das Refektorium, zeigen sich teilweise noch in gutem Zustand.
Das Refektorium, jetzt als Malzplatz benutzt, läßt sich in seinen Einzelheiten am besten verfolgen. Es scheint der Stil früherer Gotik. Das alte Kloster, das 1300 großenteils durch Feuer zerstört wurde, war ein romanischer Bau, den nun ein gotischer Bau, mutmaßlich im Stile des uns erhalten gebliebenen Refektoriums ersetzte. Die gewölbte Decke desselben wird von drei Säulenpfeilern getragen.

Zwei dieser Pfeiler sind rund, der dritte (mittelste) vier- oder sechseckig.

Die auf den Pfeilern stehenden Gewölbe sind vielgerippt,

so daß immer sechzehn Rippen auf einem Pfeiler ruhen oder aus demselben palmenhaft aufwachsen.

Der Abstand zwischen den Pfeilern ist verschieden, und von oben nach unten zu abgeschritten, bemerkt man, daß der Zwischenraum von Pfeiler zu Pfeiler immer um ein bis zwei Fuß kleiner wird. Es stehe dahin, ob dies Absicht oder Zufall ist.

Neben dem Kloster, und vielleicht früher in unmittelbarem Zusammenhange mit ihm, steht die ehemalige Klosterkirche, jetzt die Dorfkirche.
Sie ist nicht mehr, was sie war. Der Turm ist kein eigentlicher Turm mehr, und die Kirche selbst hat unter den verschiedenen Umbauten, denen sie unterworfen wurde, ihren gotischen Charakter beinah völlig verloren.

Sie besitzt aber aus alter katholischer Zeit her noch mehrere Wertstücke, von denen Kuglers Kunstgeschichte vor allem eines Taufbeckens Erwähnung tut. Wohl in einiger Überschätzung. Es finden sich, ähnlich wie die Reste vergoldeter Schnitzaltäre, solche Taufbecken zu vielen Hunderten in unserer Mark.

Was aber nicht nach Hunderten anzutreffen ist, und was in der Tat eine Sehenswürdigkeit der Friedländer Kirche bildet, das sind drei reichvergoldete Abendmahlskelche, die noch, als Wert- und Erinnerungsstücke aus der vorlutherischen Zeit her, im Pfarrhause aufbewahrt werden. Alle drei sind von verwandter Form und nur der Größe nach verschieden. Auf einem breiten Fuße ruht ein tulpenförmiger Kelch, in der Mitte des kurzen Stiels aber, der diese Kelchtulpe trägt, legt sich ein sechseckiges Ornament ringförmig um den Stiel herum. Eins dieser sechseckigen Ornamente ist hohl und von durchbrochener Arbeit; innerhalb desselben klappert eine Reliquie, ein Knochensplitter oder der Zahn eines Heiligen. Derselbe Kelch, einer der kleineren, trägt auch zugleich die Namen: Martha. Johannes. Welsickendorp. Ein anderer, der größte und schönste, zeigt statt der Namen drei sauber einradierte Marienbilder nach Stellen aus der Offenbarung und abwechselnd mit diesen drei Radierungen drei kleine Goldskulpturen, hautreliefartig auf den Fuß des Kelches aufgelötet. Diese kleinen Goldfigürchen stellen »Maria und Johannes zu beiden Seiten des Gekreuzigten«, ferner »St. Georg, den Drachen tötend« und schließlich noch ein drittes dar, dessen Entzifferung mir nicht gelungen ist.
Auch heute wird der eine noch existierende Kelch nicht in der Kirche aufbewahrt. Genaueres bleibt einem weiteren Besuch vorbehalten.
Die Kelche beweisen zur Genüge, daß Kloster Friedland zu den reicheren Stiftungen des Landes gehörte. Es darf auch nicht wundern: zählen doch die Barfus, die Pfuels, die Krummensee und Ilows, deren Töchtern wir vorzugsweise in Kloster Friedland begegnen, zu den begütertsten und angesehensten Familien des Landes. Über den Ort, wo die Kelche herstammen, ist nichts bekannt.
Die Geschichte »Kloster Friedlands« hatte mit dem Eingehen desselben ihre Endschaft nicht erreicht. Die Roebels und der Markgraf Karl von Schwedt folgten, wie schon hervorgehoben, im Besitz; aber keiner von ihnen hat nachträglich dem alten stillen Klosterdorf einen anderweiten Charakter aufzudrücken vermocht. Es konnte auch kaum anders sein. Die Roebels lebten in Buch (bei Berlin), das ihnen schon, um der Nähe der Hauptstadt willen, lieber sein mußte, und scheinen in Friedland niemals dauernd Wohnung genommen zu haben. Der Markgraf erschien allerdings von Zeit zu Zeit; aber seine Besuche waren doch zu flüchtig und zu selten, als daß der Wunsch in ihm hätte lebendig werden können, ein Schloß an dieser Stelle aufführen zu lassen. Ein einfaches Wohnhaus genügte dem Bedürfnis. Dies Wohnhaus existiert noch, und in ihm, als einziges direktes Erinnerungsstück an die Zeit des Markgrafen, ein trefflich gemaltes Bildnis desselben in halber Figur. Ich weiß nicht, ob andere Porträts von ihm vorhanden sind; wäre es das einzige, so würde es schon um deshalb einen gewissen historischen Wert beanspruchen können.
Das Bild erinnert noch an Markgraf Karl und, nicht zu vergessen, eine andre Hinterlassenschaft noch: eine Glocke, die er der Kirche seiner Zeit zum Geschenk machte. Sie führt nicht den Namen eines Heiligen, sondern heißt: »Markgraf Karl«. Ob er selber durch Beispiel und Mahnung die Dörfler jemals zur Kirche gerufen, ist mindestens zweifelhaft (es waren nicht die Zeiten danach), aber die Glocke tut es jetzt statt seiner, und sooft sie am Sonntag morgen erklingt, heißt es im Dorfe: Markgraf Karl ruft.
Die Verordnungen waren gewiß um so nötiger, aber freilich auch um so schwieriger durchzuführen, als alle solche Klöster, die wie Kloster Friedland nur eine lokale Bedeutung hatten, wie von selber aus einem kirchlichen zugleich auch zu einem gesellschaftlichen Mittelpunkte des Kreises wurden. Die Pfuels und die Ilows, die Eickendorps und die Hoendorps, die Strantze, Barfuse und Wulffens, wie sie ihre Güter in nächster Nähe um Kloster Friedland herum hatten, so hatten sie auch ihre Töchter in demselben. Die einfache Folge davon war, daß das Kloster in gutem und oft auch wohl in nicht gutem Sinne des Worts zu einem Rendezvousplatze wurde, wohin die adeligen Insassen des Kreises ihre Neuigkeiten trugen, um sie gegen andere auszutauschen. Die Welt innerhalb und außerhalb der Klostermauern war dieselbe. Alles war versippt, verschwägert, und die Kordialität die Familienzugehörigkeit mußte natürlich die Aufrechthaltung der Disziplin erschweren.
Die größte unter den Filialkirchen des Klosters war die zu Ringenwalde eine alte, im romanischen Seile aufgeführte Feldsteinkirche, die sich bis diesen Tag trefflich erhalten hat und uns veranschaulicht, wie vor sechshundere Jahren von den Christentum und Kultur bringenden Zisterciensern märkische Dorfkirchen gebaut wurden. Alles zeigt noch durchaus den Charakter der »geistlichen Burg«: hoch hinaufgehende Feldsteinmauern, dann, ziemlich, dicht unterm Dach, kleine rundgewölbte Fenster mit Öffnungen wie Schießscharten.