Steinhöfel

Es gab ihm das Geleite ’ne Ehrenkumpanei,
Die Briten-Degen sprachen: »Nun General, good bye«,
Da sprach er: »Kameraden, grüßt Wellington mir schön,
Wer weiß, in Jahr und Tage wir uns mal wiedersehn.«

Scherenberg

Bei Fürstenwalde haben wir auf unserem Rückwege die Spree nach Norden hin passiert und erreichen nach einstündiger Fahrt das von Massowsche Gut Steinhöfel.

Wir kommen in Steinhöfel auf einer herbstlichen Fahrten ins Oderbruch vorbei.

Die Zeit reicht nur für einen Spaziergang im Park

und kurze Einkehr

Restaurant

Die von Fontane weiter erwähnten Orte, besonders die Kirche warten auf einen nächsten Besuch.

Steinhöfel gehörte mehrere Jahrhunderte lang dem Güterkomplex an, den die in eine Tempelbergsche und eine Steinhöfelsche Linie geteilte Familie von Wulffen im Herzen des alten Landes Lebus besaß.

Die Wulffens beider Linien blühten hier mehrere Jahrhunderte lang, bis, wenn die Sage recht hat, zu Anfang des vorigen Jahrhunderts ein Wendepunkt eintrat. Wenigstens mit Rücksicht auf die Steinhöfeler Wulffens.

Und zwar wird folgendes erzählt.

Der alte Wulffen (Balthasar Dietloff), der damals Steinhöfel, Kersdorf, Gölsdorf und Madlitz besaß, war ein passionierter Jäger. Er unterhielt große, eingefriedete Waldstrecken, in denen das Wild gehegt und gepflegt wurde. So weit alles gut. Im Dorfe befand sich aber auch ein alter Schäfer, der ein ebenso leidenschaftlicher Sackpfeifer wie der alte Wulffen ein leidenschaftlicher Jäger war. Es scheint nun, daß der Sackpfeifer mit besonderer Vorliebe gerade dann seine Stücke blies, wenn der alte Wulffen auf die Jagd reiten wollte, so daß die Hirsche jedesmal wußten, was und wen sie zu gewärtigen hatten. Es war für die Hirsche wie Hundeblaff und Büchsenschuß. Oft schon hatte der alte Jäger dem alten Schäfer diese »Meldung in den Wald hinein« verboten. Aber immer wieder vergeblich. Als er ihn eines Tages wieder bei seinem Spiele betraf, schoß er ihn nieder. Damit war es indessen nicht abgetan, die Sache machte großes Aufsehen und König Friedrich Wilhelm I. verurteilte den alten Wulffen zum Verlust seiner Güter. Nur Steinhöfel ward ihm belassen.

So weit die Tradition. Daß etwas Tatsächliches zugrunde liegt, ist nicht unmöglich, andrerseits ist es unzweifelhaft, daß sich die Sache wesentlich anders verhalten haben muß. Einzelne der obengenannten Güter befanden sich nämlich in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts noch in Wulffenschen Händen und das Epitaphium, das dem Balthasar Dietloff in der Steinhöfeler Kirche errichtet wurde, führt ihn uneingeschränkt als Erbherrn auf Steinhöfel, Kersdorf, Gölsdorf usw. auf.

Dies Epitaphium, an das alle Wulffenschen Erinnerungen anknüpfen, ist ein großes und sehr in die Augen fallendes Denkmal. Degen, Flinte, Streitaxt, Lanze, Sponton, Lochaberaxt, Morgenstern, Keule, Streitkolben, Pauke, Trommel usw. bilden eine Art Trophäe, die, wie die Strahlen einer Kriegsglorie, das leidlich gemalte Porträtbild des alten Wulffen umzirken. Die mit den Worten »O, Tugend hat ihr eigen Licht« anhebende Inschrift schließt verbindlich genug mit den Reimzeilen ab:

Hier ruhet nun der Leib, die Seel‘ in Gottes Hand,
»O daß er lebte noch« spricht wer ihn hat gekannt,

ein Wunsch, in den wenigstens die Familie des Dudelsackpfeifers, wenn sie jemals existierte, schwerlich eingestimmt haben wird.

Steinhöfel blieb Wulffenscher Besitz bis 1774. Dann, nach einem kurzen Blumenthalschen Interregnum, ging es durch Kauf an den Obermarschall von Massow, den jüngsten und einzig überlebenden Sohn des Staatsministers von Massow über. Die vier älteren Brüder des Obermarschalls waren sämtlich in den Schlachten des Siebenjährigen Krieges geblieben.

Der Obermarschall besaß Steinhöfel von 1790 bis 1817, und in diese Zeit – trotzdem es die Kriegsjahre waren – fallen zum guten Teil die Neuerungen und Anlagen, die das Gut auch in seiner Erscheinung zu einem so ansprechenden Besitze gemacht haben. Das Schloß freilich blieb zunächst noch dasselbe, der Park aber ward in allem wesentlichen zu dem gemacht, was er jetzt ist. Er zählt zu den schönsten, die wir in der Provinz besitzen. Was ihm indessen, über die Schönheit seiner Linien und Details hinaus, ein besonderes Interesse leiht, ist der Umstand, daß er der erste Park hierlandes war, dessen Anlage nach Prinzipien erfolgte, die seitdem in der Park- und Gartenkunde die herrschenden geworden sind. Es ist dies bekanntlich der Sieg des Natürlichen über das Künstliche, des Gebüsches über den »Poetensteig«, des englischen, oder wie einige wollen, des altchinesischen Geschmacks über den französischen. Der Obermarschall, ohne jemals über diese Dinge theoretisiert zu haben, durchbrach das bis dahin Gültige nach einem ihm innewohnenden künstlerischen Instinkt und operierte dabei mit so glücklicher Hand, daß einzelne seiner Anlagen später als Muster gedient und in den Königlichen Gärten z.B. in Paretz eine teilweise Nachahmung erfahren haben.

Der Obermarschall hatte vier Söhne.

Wie sein Vater, der Minister, vier Söhne von fünfen in den[393] Siebenjährigen Krieg geschickt hatte, so schickte er drei Söhne von vieren in den Befreiungskrieg. Der erste und zweite kehrten zurück. Der dritte, sechzehnjährig, fiel bei Leipzig. Ein auffliegender Pulverwagen nahm ihn mit in die Luft.

Der Obermarschall starb 1817.

1835 folgte ihm seine Witwe und Steinhöfel ging nunmehr an den ältesten Sohn beider, den Major und späteren Generalleutnant Valentin von Massow, über.

Bei diesem werden wir auf den nächsten Blättern zu verweilen haben.

Valentin von Massow

Valentin von Massow ward am 24. März 1793 zu Berlin geboren.

und stieg, in unmittelbarer Nähe des Königs verbleibend, von Stufe zu Stufe, bis er, nach langwieriger Krankheit, im Jahre 1843 seinen Abschied nahm und sich in die ländliche Stille von Steinhöfel zurückzog.

Hier trieb er mit Eifer Landwirtschaft, erweiterte das Schloß, verschönerte den Park und steigerte den Wert des Familienerbes. Dabei war er in weiten Kreisen ein Tröster der Betrübten, ein Wohltäter der Leidenden, ein weiser Ratgeber aller, die ihm vertrauend ihr Herz öffneten.

Am 11. Januar 1854 erkrankte er und am 18. entschlief er als ein ernster und gläubiger Christ.

Auf dem Kirchhofe zu Steinhöfel ruht er und ein Granitstein gibt die Daten seines Lebens und Todes.

Er war nie vermählt. Steinhöfel fiel an seinen Bruder, den Hausminister, und nach dessen Ableben an den ältesten Sohn desselben, den Rittmeister Valentin von Massow.

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